Freitag, 17. Februar 2012

Heimreise

Donnerstag
Die Delta-Maschine hebt um 7:22 ab (also 7 Minuten nach der vorgesehenen Zeit!). Die Kontrollen nach dem Check-In waren minutiös, aber rasch vorbei. Speziell war, dass wir beim Boarding nochmals unser Gepäck durchsucht bekamen. Zeno wurde an einem separaten Tisch abgefertigt.
Morgens sind wir um 4:30 aufgestanden, haben einen Kaffee getrunken und sind dann vom Hotelbesitzer zum Flughafen gefahren worden. Er musste relativ weit vom Departure-Eingang anhalten, was aber kein Problem war, denn als Gerold einen grossen Wagen für die Velokartons holte, kam gleich ein Angestellter mit und fuhr alles nicht nur bis zum Check-In, sondern betreute die Sachen auch, während wir die Ausreiseformalitäten erledigten. (Dabei wurde übrigens eine Ausreisegebühr von 56 Dollar fällig.) Erst, als wir am Check-In-Schalter standen, verabschiedet sich der dienstfertige Mann. Da die Radboxen ordnungsgemäss angemeldet waren, ging alles reibungslos von statten. Wir bezahlten die 300 Dollar für den Radtransport, der Rest war Formsache.
Auffällig, wie klein San Josés Flughafen ist. Es gibt lediglich eine Lande- bzw. Startpiste und auch nur eine Abflughalle. Nach dem Abheben sehen wir nicht nur, wie dicht bewohnt bzw. bebaut Costa Rica um die Hauptstadt herum ist, sondern erkennen nun auch von oben die gebirgige Topografie.


Rückblick 1

 
Nochmals etwas zu den Preisen, speziell zu denen für Nahrungsmittel. Da gibt’s erstaunliche Besonderheiten:
  • Im Kaffeeland par excellence sind sowohl Bohnen wie auch gemahlener Kaffee ziemlich teuer. Fair-Trade-Produkte – von Kleinbauern produziert – kosten pro Kilo über 30 Franken. Für unter 15 Franken pro Kilo gibt’s eigentlich nur ganz wenig Angebote. Ganz anders der Kaffee als Getränk: Für 1 bis 1.50 Franken erhält man eine grosse Tasse ausgezeichneten Kaffee.
  • Auch Tee ist deutlich teurer als bei uns.
  • Milch ist etwa gleich billig wie bei uns. Teurer sind jedoch deren Veredelungsprodukte. So kostet das Kilo Käse 30 Franken und mehr, aber auch für Milchdrinks und Jogurts greift man tief in die Tasche. (Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass in Nicaragua Parmalat das Monopol zu haben scheint für Pastmilch, Milchdrinks und Jogurts. Dort stehen die Kühlregale nicht nur in den (Klein)Läden, sondern auch an Tankstellen. Die Preise dafür sind exorbitant höher als die der übrigen Lebensmittel.)
  • Im starken Kontrast zu den Kaffee- und Käsepreisen stehen die Fleischpreise. Bestes Rindfleisch, Filet- und ähnliche Stücke, kostet pro Kilo 12 bis 15 Franken. (Wir kauften nur einmal solches Fleisch, nämlich ein Hohrückensteak von 300g Gewicht. Kostenpunkt: 2 Franken. – Es schmeckte ausgezeichnet!) - An sich sind derart tiefe Rindfleischpreise nur schwer zu rechtfertigen. Die Bauern lösen für ihre Produkte mit Sicherheit viel zu wenig. Was aber die Produktion an sich betrifft, so sieht das Urteil durchaus anders aus. Es gibt in Costa Rica, soweit wir feststellen konnten, keine Rinderzucht im grossen Stil. Kleinbauern halten an steilen Hanglagen eine kleine Anzahl Tiere. Die fressen Gras, wo sicher kein Getreide angebaut werden kann, und es wird ihnen bestimmt keines verfüttert. Geweidet wird, so scheint es, in ökologischen Nischen. Das relativiert die Rindfleischproduktion bzw. deren Konsum. Dass die Bauern zu wenig lösen, ist und bleibt unschön.
  • Gemüse und Früchte sind ausgesprochen preiswert. Eine ganze Ananas – die Hauptfrucht in Costa Rica – kostet meist nicht mehr als 1 Franken, Papaya sind noch billiger. Die grossen, reifen und vollfleischigen Tomaten kriegt man ähnlich günstig. (Äpfel zu kaufen, lohnt sich nicht; sie sind importiert, entsprechend teuer und schmecken nach gar nichts – ausser man wüsste, wie Styropor schmeckt.)
  • Brot? Voraus dazu Folgendes: Costa-Ricaner essen deutlich weniger Brot als wir. In Hotels und Restaurants gibt’s – ausser vielleicht in solchen des Hochpreissegments – weder zum Frühstück noch sonst Brot zum Essen, wenigstens nicht so, wie wir es kennen. Zu den Mahlzeiten und zu Gallo Pinto am Morgen isst man die kleinen, runden und meist heissen Mais-Tortillas. Tatsächlich gibt’s aber Bäckereien, vor allem die fast überall vorhandenen Läden der Kette Musmanni. Die haben viele Brotsorten im Angebot, aber fast nur weiches Weissbrot. Brotlaibe mit Kruste sind die ganz seltene Ausnahme. Was zum Beispiel äusserlich aussieht wie Baguette, ist zwar leicht knusprig, hat aber die innere Konsistenz von Zuckerwatte. Sehr gut bei dieser Kette ist aber allerdings das Gebäck. Die Auswahl ist enorm. Die Preise unterscheiden sich kaum von denen bei uns. Auffällig ist übrigens, wie man bei Musmanni Brot postet: mit Tablett und Greifzange. Und noch etwas: Das Beste an Musmanni ist der hier stets erhältliche ausgezeichnete Kaffee.
  • Was andere Produkte des täglichen Bedarfs betrifft (etwa Toilettenartikel), so kosten diese – summarisch gesagt – ähnlich viel wie bei uns. Da es keine Anbieter wie Migros und Coop mit ihren Sonderlinien gibt, sind diese Produkte insgesamt aber teurer.
  • Importierte Waren wie Werkzeuge und Maschinen werden oft mit hohen Importzöllen verteuert, zum Teil über 50%. Deshalb, sagte man uns, werde vieles auf Schleichwegen von Panama hineingeschmuggelt.   
Rückblick 2


Worauf freuen wir uns zu Hause besonders?
  • Ist ja klar!
  • und natürlich auch das Brot, vor allem jenes vom Obfelder Pöstli-Beck
  • die Badewanne
Was werden wir besonders vermissen?
  • Fruchtshakes- und Säfte
  • Wärme und Sonnenschein (In Atlanta nieselt es schon, die Wolken hängen tief.)
  • nicaraguanische Lebensfreude
  • Regenwald in all seinen Facetten
  • Schwimmen bei Wasserfällen
  • die vielen originellen Sodas in CR
  • den Nicaraguasee und den Strand in Uvita
  • die vielen spontanen und herzlichen Gespräche mit Ticos und Nicas
Was lassen wir gerne zurück?
  • Stacheldraht (jede Wiese ist 3-4-fach damit umzäunt; in Städten dekoriert er Mauerbrüstungen; er verwehrt den Zugang zu Friedhöfen)
  • nächtliches Hundegekläff, krähende Hähne, Auto-Alarmanlagen, Musikgeschepper, ...
  • Schüttelbecher-Staubpisten (an asphaltierten Strassen gibt es aber nichts auszusetzen!)
Was in unserem Gepäck blieb unbenutzt?
  • Erste-Hilfe-Kit 
  • Veloflickzeug
  • Zelt und Benzinkocher
  • Regenjacken (okay, fast unbenutzt!) 
  • 1 Powerbar (Schoko-Erdnuss), der etwa 35mal geschmolzen ist 
Zum Schluss bedanken wir uns herzlich bei Röbi und Margrit aus M. für ihre regelmässigen witzigen und motivierenden Kommentare. Wir hoffen, dass wir die Leser einigermassen unterhalten haben und bei den einen oder anderen etwas Fernweh ausgelöst haben.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Ist San José einen Besuch wert?

Heute Morgen packen wir die Velos in die Kartonboxen, fahren anschliessend  nach San José und begeben uns auf eine Stadtwanderung. Es gibt da einige Parks und Flanier-Boulevards. San José ist eine laute Stadt. Im Zentrum, wenn es ein solches denn gibt – historische Gebäude fehlen –, wimmelt es von Konsumtempeln, wie sie weltweit gleich ausschauen. (In den Kleinstädten Costa Ricas gibt es sie dagegen  nicht.) Aus diesem Grund finden wir ausser vielleicht den genannten Parks  nichts, was der Hauptstadt einen besonderen Charakter gäbe. Wir müssen den Autoren der Reisehandbücher recht geben, wenn sie meinen, San José zu besuchen könne man sich sparen.

Martialisch bepackt, lungern sie herum. (Im Vordergrund: Friedenstaube!)

Der Spaziergang entlang einer der Hauptverkehrswege zeigt, wie viele Busse hier ständig unterwegs sind. Am Paseo Colón stehen sie zu viert nebeneinander und zu Dutzenden hintereinander im Stau, den sie massgebend mitverursachen. – Was  wir gestern nicht erwähnt haben, ist die vorbildliche Nutzung der in den Bussen vorhandenen Sitzplätze. An den Endstationen von Kurzstrecken steht immer ein Fahrzeug bereit. Es fährt in der Regel dann los, wenn alle Plätze besetzt sind. Das dauert in den Hauptverkehrszeiten  kaum je länger als zehn Minuten! Auf den Fernverkehrslinien sind die Sitzplätze nummeriert, so dass niemand beim Einsteigen vordrängelt. Auch hier sind fast immer alle Plätze besetzt. Überfüllte Busse gibt es nicht. 

ÖV im Stau.

Am Nachmittag besuchen wir den wohl schönsten Park San Josés, den Parque Nacional. Eine Oase der Ruhe. Eine grosse Zahl ganz unterschiedlicher  Bäume (alle mit Namensschild gekennzeichnet) spendet Schatten für fast jede Ruhebank. 

Erschwingliche Mobilität: Das Topmodell kostet Fr 2'500.-.

 Wir haben gestern vom öffentlichen Verkehr und den Tarifen geschrieben. Dies ergänzen wir nun mit ein paar weiteren Infos zu Costa Rica als Reisedestination. In drei Wochen lässt sich das Land bereisen. Es lohnt sich aber, mindestens eine Woche anzuhängen, um mindestens auch den Süden Nicaraguas kennen zu lernen (zumindest bis Granada oder Léon). Auf der Reise haben wir mit zahlreichen Backpackern gesprochen und können auch von den eigenen Erfahrungen her etwas über die Kosten aussagen, mit denen man als Individualreisender rechnen muss. Einzelne Gesprächspartner fanden zwar, sie wollten von Costa Rica so rasch wie möglich nach Panama weiterreisen, weil es ihnen hier im Vergleich zu anderen mittelamerikanischen Staaten zu teuer sei. Wir sind aber der Meinung, dass es sich hier selbst mit einem bescheidenen Budget durchaus gut und bequem reisen lässt. Mit 2‘500 Franken kann man eine vierwöchige Reise finanzieren. Darin inbegriffen sind Flugticket, Transportkosten, Unterkunft, Verpflegung und Eintritte in Nationalparks. Mit einem solchen Budget bekommt man in der Regel in einem einfachen Hotel oder Hostel ein Privatzimmer  (teilweise mit, teilweise ohne eigenes Bad) und kann auch durchaus gut und gesund essen. Vieles ist hier zwar in der Tat ebenso teuer wie in der Schweiz, etwa Restaurants oder Mittelklassehotels. In den Sodas, wo die Einheimischen essen, kann man sich aber mindestens so gut verpflegen wie in einem Touri-Restaurant.

Fast alle Bäume sehen wir zum ersten Mal.

Nach Costa Rica reisen sollten aber nur Leute, die sich wirklich für die faszinierenden Landschaften, insbesondere für die Regenwälder, die Nationalparks und die diversen Küsten interessiert. Wer nur Seilparks besuchen und im Hostel herumhängen möchte, kann sich den Flug über den Teich sparen.

Dienstag, 14. Februar 2012

Erdstösse und Stossverkehr

Zur Frage nach der Wassertemperatur. Versuch einer Antwort: Der Pazifik ist nicht bekannt für angenehme Badetemperaturen. Von Seattle über Oregon bis Nordkalifornien ist er a...kalt. Dort prallen die Brecher  auch so gegen die Küste, dass Schwimmen undenkbar ist. Auch in San Francisco ist nur für Abgehärtete oder besonders Übermütige (etwa solche, die im Sommer sich überwinden, in den Geisspfadsee zu tauchen) ein kurzes Baden möglich. Von Alcatraz konnten auch darum, von möglicherweise einer Ausnahme abgesehen, keine Häftlinge ausbüchsen, weil sie auf der kaum 2 km breiten Strecke zur Stadt der Unterkühlung wegen ertranken. Wenn man sich LA nähert, wird das Baden allmählich zur Gewohnheit. In San Diego schliesslich schaudert einem der Sprung in die Wellen nicht mehr. (All das bezieht sich auf den Spätsommer.)
Wenn man jetzt im Süden von Costa Rica im Pazifik badet, gibt’s das Phänomen, das wir in der Schweiz selbst im Hochsommer kennen, nicht mehr: der kurze Moment des Sich-Überwinden-Müssens vor dem Eintauchen. Wenn man ins Meer hinaus kneipt, kommt bekanntlich der Moment, wo einem eine Welle bis unter die Achseln schwappt.  -  Puh!!  -  Dies erlebt man hier schon beim ersten Mal als richtiggehend wohlig.  Die Temperatur aber ist gleichwohl noch immer erfrischend. Von einer seichwarmen Brühe  zu sprechen wie an manchen Stränden am Mittelmeer wäre verfehlt.

San Isidro: Um 18 Uhr ist noch der Teufel los, um 22 Uhr sind die Strassen leer.

Seit gestern Morgen um 4 Uhr 55 haben wir etwas begriffen vom  Sinn der hiesigen Null-Architektur (einstöckige Häuser mit Blechdach). An unserem Kajütenbett rüttelte jemand äusserst heftig, gute zehn Sekunden lang. „Wollen unsere Zimmermitbewohnerinnen uns wecken?“, so unsere Spontanreaktion.  Solche Kraft hätten wir den beiden eigentlich nicht zugetraut. Und auch nicht eine derartige Unverfrorenheit. – Tatsächlich war ein Erdstoss die Ursache!
Schon wenige Minuten später verifizierte Zeno übers Internet den Sachverhalt: Das Epizentrum war ganz in der Nähe, die Magnitude  6.1 (wurde später auf 5.8 korrigiert), der Herd lag in 33 km Tiefe. Nachdem wir in den letzten Wochen mehrmals die Kontraste zur Schweiz angesprochen haben, ergab sich nun für einmal eine Analogie. HerH
Nach einem eintägigen Zwischenstopp in San Isidro sind wir nun via San José zurück in Alajuela, sind also die gleiche Strecke in umgekehrter Richtung gefahren. Man hätte auch in einer Etappe von Uvita nach San José zurückkehren können. Wir wählten aus verschiedenen Gründen deren zwei : Zum einen gefällt uns die lebendige Stadt San Isidro. Das Hotel, die Verpflegungsmöglichkeiten und die Atmosphäre sagen uns zu. Nicht zu unterschätzen war aber der Vorteil, von San Isidro aus mit einem modernen Bus viel schneller in die Hauptstadt zu gelangen. So sparen wir uns zweieinhalb Stunden Busfahrt. 

Auch auf der Rückfahrt gibt's einen Verpflegugnsstopp.

Wir nehmen dieses letzte Motiv zum Anlass, über das Reisen in Costa Rica überhaupt ein paar Aussagen zu machen. In jedes noch so entlegene Dorf gibt es eine Busverbindung, und zwar immer mehrmals täglich. Auf den Hauptrouten verkehren die Fernbusse fast stündlich. – Zu den Fahrpreisen: Mit den Velos durch Costa Rica zu fahren, hat uns mit Sicherheit kein Geld gespart. Der Transport der beiden Räder kostete nahezu 800 Franken. Für etwa einen Viertel dieser Summe hätten wir die gefahrenen Kilometer mit dem ÖV zurücklegen können.  Ein Beispiel: Die 140 km von San Isidro nach San José mit einer Höhendifferenz von 2700 m kosten pro Person weniger als 6 Franken.  (Private Busunternehmen bedienen diese Strecken.)
Wir haben Busse bzw. Reisecars verschiedenster Güteklassen kennengelernt, solche, die über steile Fahrzeugzerlegepisten rumpeln müssen und deren Kardanwellen das Achsgetriebe zu zermalmen scheinen und andere, die fast lautlos durch die Landschaft sausen, ungeachtet der Topografie. Die heutige Fahrt ist das Tüpfelchen auf dem i. Ein Car neuester Bauart mit Ledersesseln, Sicherheitsgurten, federweicher Dämpfung und einem Gepäck-Stauraum, der  stehende Fahrräder fassen kann.

Unser erstes und letztes Tunnel.

In Alajuela nehmen wir die Velos aus der Abstellkammer und begeben uns sogleich auf eine (letzte?) Fahrt. – Wie schon am ersten Tag unserer Reise suchen wir ausserhalb das Städtchens nach einem Geocache. – Die  25km-Runde ist ein Konzentrat unserer Tour: bergauf, bergab, kein einziges Flachstück, windig, verkehrsreich. Pura Vida! Ohne Gepäck und mit frischen Kräften jedoch ein Spass. (Wir lachen einander mehrmals zu.) Im frühabendlichen Stossverkehr  kommt uns die Zweirad- Mobilität und eine offenbar inzwischen erlangte Abgebrühtheit zugute.

Sonntag, 12. Februar 2012

Schwimmen, lesen, dösen


Gestern Abend wurden wir nicht wie auch schon von Lautsprechermusik zugedröhnt, sondern konnten, in den Hängematten schaukelnd, dem Gesang und Gitarrenspiel einiger Hostelbewohner lauschen.

Strand, soweit das Auge reicht.
Entspannend war auch der heutige Tag am Strand vom  Meeresreservat. Uvita ist eigentlich nichts weiter als ein Kaff, durch das eine breite Asphaltstrasse führt, von der einige Staubstrassen mit  Hütten abzweigen. Der Ort hat einen Supermarkt und eine Bank. Dass hier nicht mehr los ist, ist wahrscheinlich eine Voraussetzung dafür, dass die Region noch so unberührt ist. Das Meer böte hier nämlich ideale Voraussetzungen für die touristische Nutzung. Hinter vorgelagerten Korallenriffen gibt es einen schier unendlich langen Sandstrand, an den der Pazifik  in bloss sanften Wellen klatscht. Dahinter wird der Strand von einem Palmenwald gesäumt, der den notwendigen Schatten spendet. Zu beobachten gibt es viel: Seltene Schildkröten nutzen die Küste als Eiablagestelle, die Bucht ist ein Refugium für Buckelwale sowohl von der nördlichen als auch der südlichen Hemisphäre.

Ist fast schon kitschig, oder?
Von einer Ausnahme abgesehen ist der Berghang im Rückraum durchgehend bewaldet, also  nicht verbaut. Weil das Gebiet zum Nationalpark erklärt wurde, könnte es so bleiben. (Ein Vergleich mit dem Binntral drängt sich uns spontan auf.)  Ohne diese Massnahme  wäre in zwanzig Jahren wohl vieles  zubetoniert. An diesem wunderbaren Küstenabschnitt könnte ein grösseres Resort entstehen, als Sawiris in Andermatt baut.

Hoffentlich bleibt es bei dieser Bau-Ausnahme.
Die Ursprünglichkeit hat für den Besucher jedoch seinen Preis. Die zweieinhalb Kilometer vom Tucan-Hotel an den Strand konnten wir am Morgen noch  mit dem Shuttlebus zurücklegen, der Rückweg dagegen war aber ein schweisstreibender Fussmarsch auf einer  staubigen Strasse.  
Obwohl wir ein Fernglas dabei hatten, liessen sich die Meeresbewohner - abgesehen von einigen Baby-Krebsen - nicht blicken. Nichtsdestotrotz  genossen wir den Strandtag unter Palmen. Das Baden, Lesen und Dösen war ein hochwillkommener Fast-Schlusspunkt unserer Reise.

Samstag, 11. Februar 2012

Zurück auf Meereshöhe

Eine Busfahrt im Schneckentempo führt uns über zwei Hügelzüge nach Uvita, den Ort, den wir als südlichsten Punkt unserer Reise ausgewählt haben. Es ist ein kleines Nest am Pazifik, das touristisch noch weitgehend unversehrt ist. Wir steigen im Tucan Hotel ab, das im LP über den grünen Klee gelobt wird. Das Hostel bietet vielfältige Übernachtungsmöglichkeiten, man kann zelten, Hängematten oder das Baumhaus beziehen und vom Schlafsaal bis zum Privatzimmer im Bett nächtigen. Vorstellen kann man sich das Ganze als luftige Halle mit Blechdach, darunter ein Aufenthaltsbereich mit Steintischen, Sofas und Hängematten. Entlang dieses Raums sind die Zimmer aufgereiht. Sieht aus wie ein Dschungelcamp!

Einladung zur Musse.

Was damals im LP noch als Geheimtipp gehandelt wurde, ist  heute so bekannt, dass wir Glück brauchen, hier noch die letzten 2 Plätze im Dorm zu erhalten. Der Zufall will es, dass die beiden anderen Betten von Zürcherinnen belegt sind. 
Uvita ist der Ausgangspunkt für den Meeresnationalpark Marino Ballena. Heute besuchen wir ihn noch nicht, stattdessen begnügen wir uns mit einem Bad im Wasserfall-Bassin. 

Eine echte Rutsche!

Um die letzen Tage zu verbringen und zu entspannen, wählten wir diesen Ort bewusst: Um als Kontrast zum Chirripó von der höchsten Höhe auf Meeresniveau zu gelangen und um als Pendant zur unberührten Bergwelt einen nicht verbauten Pazifikstrand zu geniessen.

Freitag, 10. Februar 2012

Chirripó

Mittwoch: Die muskulären Verspannungen lösen wir nicht in den Quellen, sondern auf dem Weg dorthin im Bergfluss. Per Zufall entdecken wir einen Zugang zu einem der drei Flüsse, die alle sehr viel Wasser führen. Das Becken ist ein grosser Jacuzzi mit erfrischender Wassertemperatur. Zwar muss man aufpassen, dass es einen nicht fortschwemmt, aber wenn man die richtige Position gefunden hat, massiert einen das aufquirlende Wasser durch und durch. Der letzte Luxus vor den Strapazen der kommenden zwei Tage.

Entspannend, erfrischend.

Donnerstag: Von unserem Dschungelhotel aus erfolgt der Start um 5. Eine halbe Stunde brauchen wir zum Parkeingang, wo wir erst einmal kräftig frühstücken. Der Wirt drückt uns Hände und Daumen für den Aufstieg. Wir hoffen, das Basislager zwischen 2 und 4 Uhr zu erreichen, denn in der Literatur wird eine Dauer von 7 bis 14 Stunden für die 14.5Km mit 1900m Höhendifferenz angegeben. Auf dem Weg wird man vorzüglich informiert: Jeder Kilometer ist mit der aktuellen Höhe gekennzeichnet. Das ist zwar positiv, flösst aber auch Respekt ein: Es geht sehr lange, bis wieder ein Informations-Pfahl erreicht ist. Auf den ersten 3km geht es schon richtig zur Sache, was Steilheit und Wegbeschaffenheit betrifft (sehr steinig). Anschliessend wechseln sich schöne Waldwege und steile Passagen stetig ab. Bis Km 9 ist die Landschaft nicht sehr abwechslungsreich. Immer Dschungel. Phasenweise hat der Weg die Konsistenz von Knetgummi und ist total durchgeackert. Was für Vierbeiner gehen hier durch? (Sind es Rinder, sind es Pferde?) Neben diesen Passagen sind jeweils Treppen angelegt, bestehend aus Holzrondellen: Eine Art Baumstamm-Salami. Was die Vierbeiner betrifft, erhalten wir nach Km 7 eine erste Anschauung: Wir treiben vier Rinder vor uns her.

Flüchtlinge?

In einer Stunde legen wir konstant 3Km zurück. Als wir die 3000m-Marke erreichen, gibt der Wald die Sicht frei auf den Pazifik und auf die bis oben bewaldeten nahen und fernen Hügelzüge. Das hat nicht damit zu tun, dass hier oben der Wald aufhört. Er scheint vor Jahrzehnten einem Grossfeuer zum Opfer gefallen sein. Dafür zeugen folgende Phänomene: Herumliegende, angekohlte Eichenstämme und ein inzwischen zwei bis vier Meter hoher Sekundärwald, aus dem kahle Baumleichen wie Finger herausragen. Ein faszinierendes Bild.

Die Streckenmarkierungen lassen nicht zu wünschen übrig.
Der einsame Zeuge einer Brandkatastrophe.

Um 11 sind wir beim Basiscamp, das aus zwei langen, barackenähnlichen Gebäuden besteht. Wir werweissen, welcher der ringsum aufragenden Gipfel der Chirripó ist. Bei der Ankunft sind wir ziemlich müde, aber nicht erschöpft. In der Rezeption bekommen wir einen Dämfer: Keine Begrüssung, lieblose Abfertigung und – bekommen gesagt, dass hier keine Gaskocher vermietet werden. (Unsere Informationen lauteten dahingehend, dass hier oben alles, was man zum Kochen benötigt, anmieten kann. Entsprechend unser Einkaufszettel vor der Tour.) Sie nehmen zur Kenntnis, dass wir falsch informiert wurden, bleiben jedoch stur. Keine Benutzung der Angestelltenküche. That’s my stove, sagt die Köchin. Wir sind verärgert, weil wir uns nicht vorstellen können, ohne warme kohlenhydratreiche Mahlzeit um 3 Uhr nachts den letzten Aufstieg in Angriff zu nehmen. Aus dieser Stimmung heraus entscheiden wir, den Chirripó noch heute Nachmittag zu besteigen. Nach einem improvisierten Z’Mittag (kalte Tomatensauce aus dem Beutel, eine Büchse Thon, ein Rüebli und eine Nüssemischung) brechen wir also ein zweites Mal auf.

Wo ist der Chirripo?

Endlich!

„Nur“ noch 5Km Distanz und 500m HD. Eigentlich. Denn die Höhe vermindert unsere Leistungsfähigkeit deutlich. Immer noch sind wir im Ungewissen, welcher Gipfel der Chirripó ist. Der erste, den wir dafür hielten, ist es nicht. Noch einmal eine erneut veränderte Landschaft. Eine Hochebene mit Seen, Felsen, Buschwald. Nach insgesamt 19Km erreichen wir einen Pass. Erstmals sehen wir unser Ziel, die Pyramide des Chirripó. Die letzten 200m werden gekraxelt. 14 Uhr 10 sind wir oben. Es hat sich gelohnt. Wir sehen zwar weder den Pazifik, noch die Karibik (Wolken), aber die Rundsicht ist gewaltig. 3820m!
Zurück in der Hütte leihen uns zwei andere Reisende ihren Kocher, so dass wir doch noch unsere Hörnli al Dente hinkriegen. Wir geniessen es doppelt! Im Gebäude ist es bitterkalt. Die Leute tragen Mützen, Anoraks, Handschuhe. Man könnte meinen, es wäre Winter.

Auf dem höchsten Punkt Mittelamerikas.
Menschenscheu kann sich das Vögelchen auf dieser Höhe nicht leisten.

Freitag: Die Nacht ist ziemlich kalt. Wir tragen bei 10 Grad in unseren Schlafsäcken zwei Schichten Thermowäsche und einen Pullover, Zeno zusätzlich ein T-Shirt. Gerold hat wohlig warm, während Zeno die zweite Nachthälfte frierend wachliegt. Obwohl man dann den Sonnenaufgang bewundern könnte, sind wir gottenfroh, nicht um 3 Uhr aufstehen zu müssen, um im Dunkeln aufzusteigen. Zum Z’Morge machen wir Porridge und heisse Pulvermilch und machen uns um 20 nach sieben auf den Abstieg. Draussen stehen sechs Packpferde, bepackt mit grossen, weissen Nylonsäcken. (Die mittelamerikanische Verpackung schlechthin.) Obwohl wir sehr zügig unterwegs sind, sind erst um viertel vor zwölf unten im Dorf. Nach unseren Überlegungen müsste dort ungefähr um diese Zeit ein Bus fahren. Tatsächlich! Bei unserer Ankunft steht er bereits dort. Zeno rennt zum Hotel, holt die Packtaschen, wir steigen ein, der Bus fährt los.
Um zwei Uhr sind wir zurück in San Isidro, zehn Minuten später checken wir im Hotel Chirripó ein. Hier erleben wir wahre Gastfreundschaft! Wir sind in einem idealen Quartier (ringsherum diverse Restaurants) und bekommen ein zwar einfaches, aber helles und sehr sauberes Doppelzimmer für einen Super-Preis. Der Rest des Tages: Verpflegen, schreiben, ausruhen.

Sie sind scheuer als die Vögel.

Abendstimmung vom Basiscamp aus.

Fazit: Der Chirripó ist der buchstäbliche Höhepunkt der Reise. Die Velotour hat uns offenbar nicht geschwächt, sondern für die 40Km-Bergtour fit gemacht. Trotz suboptimalem Schuhwerk – Sportschuhe mit Profilsohle – sind unsere Füsse und Beine unversehrt. Auch Zenos Knie hat durchgehalten! Morgen fahren wir weiter.

Darum macht man solche Touren.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Einlaufen für den Chirripó

Bei einer Forschungsstation finden wir ein offenes WiFi-Netz, wo wir die gestrigen Bilder hochladen können. (Danke an Manuel fürs Einstellen des Beitrages!)
Schon vor 5 stehen wir auf und gehen zur Parkadministration. Als einzige warten wir eineinhalb Stunden, um uns für den Berg anzumelden. Mal sehen, ob die Hütte morgen Abend wirklich voll sein wird. Wir haben den Eindruck, dass sie jeden, der nicht voraus angemeldet ist, auf eine eintägige Warteschlaufe schicken, egal, ob Platz vorhanden wäre oder nicht. Wir sehen zwar einige Leute, die auch auf den Chirripó wollen, aber der Andrang ist nicht so gross, dass er diese Regelung rechtfertigt.

Eigentlich eine Super-Rutsche, aber...

Die Forschungsstation Cloudbridge, bei der wir auf einer Bank sitzen, wurde von zwei Amerikanern nach deren Chirripó-Besteigung initiiert. Sie starteten ein Wiederaufforstungs-Programm und inzwischen wir hier auch Forschung betrieben. Auf dem Reservats-Gelände gibt es mehrere schäumende Wasserfälle. Heute Nachmittag wollen wir in den heissen Quellen alle muskulären Verspannungen lösen.
Drückt uns die Daumen, dass wir den Auf- und Abstieg schaffen. Wie es uns dabei ergeht, können wir erst in 3 Tagen berichten.