| El Castillo: Nomen est Omen. | 
 Um 1300 vor Christus wurde das Gebiet um den Rio San Juan
wahrscheinlich erstmals besiedelt. (Die Besiedelungsgeschichte Mittelamerikas
ist viel älter: Zirka 10000 Jahre.) Der Siedelungsdruck auf die
Nicoya-Halbinsel trieb die Stämme hierher. Im 16. Jahrhundert kamen die Spanier
von den von ihnen gegründeten Städten Léon und Granada aus über den See und
entdeckten den Ausfluss in den Atlantik. Die Idee lag nicht fern, hier die
Landenge zwischen dem Pazifik und dem Atlantik mit Schiffen zu durchqueren. Diverse
Forschungsexpeditionen kamen zum Schluss, dies sei technisch nicht realisierbar,
was vor allem am Höhenunterschied von 41 Metern zwischen dem See und dem
Pazifik lag. Übrigens entdeckte man dabei auch den Höhenunterschied zwischen
dem Pazifik und dem Atlantik – 2.7 Meter! 
Den Rio San Juan von der Karibik her mit Schiffen zu
befahren, gelang erst 1666 englischen Piraten, welche darauf die spanischen
Städte auf der anderen Seeseite plünderten und niederbrannten. In der Folge
legten die Spanier entlang dem Fluss 12 Forts an, wovon sich eines in San
Carlos befindet. 
Das Gebiet von Mittelamerika hat 1821 die Unabhängigkeit von
der spanischen Krone erklärt. Das wurde auch möglich, weil Spanien wegen der
Auseinandersetzung mit Napoleon seine Herrschaft nicht mehr nachhaltig sichern
konnte.
Die Idee vom Wasserweg wurde nach wie vor nicht begraben. Zur
Zeit des kalifornischen Goldrausches wollte man so rasch wie möglich Menschen
und Güter von New York nach San Francisco bringen. An Kuba vorbei gelangte man an
die Mündung des Rio San Juan, verlud die Waren auf kleinere Dampfer, die weiter
den Fluss hinauf und über den Nicaraguasee fuhren und transportierte sie
schliesslich auf dem Landweg auf Postkutschen an den Pazifik. Für diese Strecke
benötigte man 36 Tage. 
Nach dem Bau des Panamakanals zu Beginn des 20. Jahrhunderts
wurde natürlich dieser Wasserweg für die Hochseeschiffahrt nicht mehr in
Betracht gezogen. Trotzdem sicherten sich die Amerikaner 1914 die Alleinrechte
zu dessen Schiffbarmachung für eine Summe von 3 Millionen Dollar. Sie
befürchteten wohl, dass hier ein Konkurrenzkanal entstehen könnte.
Heute befahren wir diesen legendären Rio San Juan von San
Carlos bis El Castillo und zurück. Für die Strecke von ungefähr 150 Kilometern
sind wir sechseinhalb Stunden auf dem Wasser. Damit wir überhaupt einen Platz
auf dem Boot kriegen, kaufen wir unser Ticket kurz vor 6 Uhr. Als das Boot um 8
Uhr losfährt, ist jeder Platz besetzt. Bei kleinen Dörfern und einzelnen
Bauernhöfen hält der Kapitän kurz, um Leute aus- oder einsteigen zu lassen. Wir
machen interessante Beobachtungen: Auf jemanden wartet am Ufer schon das
gesattelte Pferdchen. Andere verschwinden, nachdem sie das Boot verlassen
haben, in ihren Gummistiefeln in den Urwald. Oder eine weitere Situation: Eine
modisch gekleidete junge Frau mit Trägertop und Sandaletten besteigt das Boot
bei einem vor Anker liegenden Einbaum. Hier scheinen sich Jahrhunderte zu
kreuzen!
Erstaunlicherweise passieren wir auch eine Grossbaustelle.
Entgegen unseres früheren Berichtes wird der Rio San Juan hier tatsächlich
überbrückt! Der Fluss ist übrigens etwa viermal so breit wie die Reuss. Er
führt enorme Wassermengen in den Atlantik.
| Pura Vida! | 
 Obwohl das Dörfchen El Castillo nur auf dem Fluss zu
erreichen ist, weist es einiges an Infrastruktur auf: Grundbedürfnisse der
Bevölkerung, touristische Einrichtungen. Und eine Relique von Papst Johannes
Paul dem Zweiten.  Es ist sogar ein
Informationszentrum im Bau, dafür werden erstaunliche 1.6 Millionen Cordoba
(60000 Franken) aufgewendet. Im bestehenden Museum neben der spanischen Festung
bekommen wir noch detailliertere Informationen über die Geschichte dieses
Wasserweges. Die Qualität der Präsentation erreicht durchaus europäischen
Standard. Jetzt erfahren wir auch, wie man damals die Stromschnellen bezwungen
hat: Auf einer 300 Meter langen Eisenbahnstrecke, bevor es auf den kleinen
Damfern weiterging! 
Als wir auf einer Terrasse, die direkt über den
Stromschnellen des Flusses gebaut ist, ein Cafe con leche trinken (Milch im
Kännchen, weisses Tischtuch), erinnert sich Gerold an den ältesten Leuchtturm
an der US-amerikanischen Pazifikküste. Die aus Paris stammende Optik wurde damals
(Mitte 19. Jh.) hier durchtransportiert – schon gestern hatten wir ein Déjà Vu:
Der rasende Kapitän von Los Chiles winkt uns zu, als wir ein Restaurant
betreten. Wir stossen mit ihm an und holen das gemeinsame Foto nach.
| Der Schalk ist ihm ins Gesicht geschrieben. | 
 
1 Kommentar:
Haha - so viel vom Faulenzen merkt man im Blog ja nicht ;-) Weiterhin viel Spass, M.
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