Wir sind gestern von Santa Cruz nach Monterey gefahren, allerdings nicht mehr auf dem Cabrillo Highway, denn dieser ist nach Santa Cruz zu einem Freeway ausgebaut. Sondern auf der Pacific Coast Bike Route, die auf eher holperigem Asphalt Nebenstrassen durch landwirtschaftlich genutze Gebiete führt. Es geht mitten durch endlose Erdbeermonokulturen; vorzustellen hat man sich ein Gebiet von der Grösse des Freiamts oder des Knonauer Amts. Hauptsächlich Erdbeeren. Wohl tausende von Erntearbeitern sind im Moment im Einsatz. Die Erdbeeren sind jetzt reif, zum 2. (oder gar 3.?) Mal in diesem Jahr.
Vor Marina stiessen wir auf die beiden folgenden Abzweigungshinweise:
Castroville liefert fast alle Artischocken für die USA. Jedes Jahr kürt es eine "Artichoke Queen"; 1947 war es Marilyn Monroe.
In Salinas wurde 1902 John Steinbeck, der spätere Literaturnobelpreisträger geboren Heute nutzt man seinen Namen touristisch, früher mochte man ihn seiner kritischen Texte wegen nicht.
Steinbeck hat auch Monterey ins Bewusstsein der lesenden Öffentlichkeit gebracht, im Roman "Von Mäusen und Menschen und Ölsardinen". Das Werk spielt zur Hauptsache auf der Cannery Row.
Hier standen bis in die 40er-Jahre die Konservenfabriken und büchsten hauptsächlich Sardinen ein. Aber auch hier: Überfischung brachte die Sardinenschwärme zum verschwinden, und 1972 machte die grösste Konservenfabrik dicht. Entsprechend heruntergekommen war die Cannery Row. Inzwischen ist sie umgenutzt; einzelne Fabrikhallen werden als Parkhäuser genutzt, aber auch alternative Kultur scheint hier eine Chance zu haben. Shopping ist bis jetzt jedenfalls nocht nicht angesagt. Am Ende der Cannery Row befindet sich das sehenswerteste Aquarium der USA: Monterey Bay Aquarium. Speziell ist zum einen seine Lage: es ist auf drei Seiten vom Meer umgeben, so dass der Besucher sozusagen selber auf Tauchstation geht und den Lebensraum der Meeresbewohner als Gast kennen lernt.
Man wartet hier nicht auf mit exotischen Meeresbewohnern oder mit grossen Haien, man gewährt viel mehr Einblick in das hochsensible Biotop Monterey Bay. Hinter dicken Glasscheiben
bewegt sich auf drei Stockwerken volles Leben in 1.3 Mio. l Meerwasser. Durch eine Pipeline wird ständig planktonreiches Meerwasser aus der Bay gepumpt. (Die Lebensader für die Unterwasserflora und -fauna ist tatsächlich die Bay.)
Im Rhythmus von Brandungsmaschinen ziehen die Fische - vom Tigerhai über Tunas bis zu den Sardinen und Anchovis Schulen - ihre Kreise. In sog. "Touch Pools" dürfen Kinder unter Anleitung von Fachleuten in Berührungskontakt mit Seesternen, Krabben und sogar Rochen kommen. Täglich mehrmals steigen Taucher in den 3-Stockwerke-Tank um die Fische zu füttern. Dabei stehen sie in direktem Funkkontakt mit den Besuchern und vermitteln Informationen. Speziell attraktiv sind auch die zahlreichen Becken mit beinahe farblosen bis tieforangen Quallen.
Die Absichten der Aquarium-Betreiber sind erfreulich; er werden keine Meerestiere als Zirkustiere vorgeführt, viel mehr werden in eine Atmosphäre der Ruhe die ökologischen Zusammenhänge sinnlich erfahrbar gemacht. Wer durchs Aquarium geht, muss zur Überzeugung kommen, dass die Meere weder überfischt noch verschmutzt werden dürfen.
Als Abschied von Monterey sind wir heute Vormittag rund um die Monterey Peninsula grösstenteils auf dem 17-Mile-Drive bis nach Carmel gefahren. Das ist wohl die exklusivste Strasse an der amerikanischen Westküste. Sie führt durch ein riesiges fast ununterbrochenes Golfgelände. In Villen ohne Zahl leben hier nur Amerikaner mit einem ganz dicken Geldbeutel. Erfreulicherweise wird aber nur mit wenigen Bauten geprotzt; für einmal sehen wir hier wirklich kreative Architektur. (Während wir die Strasse gratis befahren durften, müssen Autofahrer eine Gebühr entrichten.) An dieser Strecke befindet sich dem Vernehmen nach der meist fotografierte Baum an der Pazifikküste, die "Lone Cypress":
Nach dem brandungsreichen und oft bizarren Küstenabschnitt folgt in Carmel ein Sandstrand mit Sand, fast so fein wie Puderzucker. Hier brechen sich die Wellen erstmals so sanft, dass Schwimmen möglich wäre. Am Sonntagmorgen ist allerdings eine andere Beschäftigung angesagt: Sandburgen bauen. Viele Familien bauen um die Wette. Ihre Werke werden am Nachmittag von einer Jury bewertet.
Carmel ist übrigens der Ort, von dem man sagt, dass hier ein Kunstwerk leichter zu erwerben ist, als ein Restaurant zu finden und einen Kaffee zu trinken. In diesem wirklich exklusiven Villenort gibt's praktisch keine öffentliche Infrastruktur. Hier war 1982 Clint Eastwood für zwei Jahre Bürgermeister. Glücklicherweise haben wir aber in einiger Entfernung zum Dorf einen Safeway Supermarkt mit WiFi gefunden, denn sonst können wir hier unseren Bericht wohl nicht posten.
Noch zwei wichtige Informationen zu Monterey
 
1 Kommentar:
Liebe Velofahrer und Dokumentarschriftsteller
für mich sehr eindrücklich, dass ihr imme wieder Zeit findet, Interessantes und Fremdartiges in die Schweiz zu berichten und noch mit Fotos zu unterlegen.
Weiterhin gute Fahrt
Max Spörri
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